Kunst.RAUM

Aktuelle Ausstellung:

Ákos Birkás DEMOCRACY GO TO HELL
Kunst.RAUM the.ke, Horn 2012
 
Im Œuvre von Ákos Birkás ist die Konzentration auf ein wesentliches Zentrum bestimmend. Klar ersichtlich war das Zentrum bei Bildern, die Köpfe in den Mittelpunkt stellten. Die formelle Reduktion ist in den letzten Jahren seines Schaffens einer inhaltlichen gewichen. Zentral bleibt jedoch die Reduktion auf das Wesentliche, auch wenn der Künstler den Betrachter auf gleichsam falschen Fährten vom Hauptaugenmerk seines gemalten Themas abzulenken scheint. Beiläufigkeiten und Alltäglichkeiten, Unspektakuläres und Privates dominieren die Bilder, deren Sujets oft von Photos der Weltpresse entnommen sind. Im Gegensatz zum Pressephotographen, der in der alltäglichen Bilderflut unmittelbare Betroffenheit zu erzeugen sucht, ist es Anliegen des Künstlers, die Hintergründe unserer Gesellschaft und die Ursachen der sozialen Probleme unserer Zeit zu beleuchten und offen zu legen. Im Tumult aufbegehrende Jugendliche, verlassene Kindersoldaten, und korrupte Politiker sind Synonym für Entfremdung, Entwurzelung und soziale Isolation. Da die plumpe malerische Wiedergabe von Pressephotos anstelle der Kritik am dargestellten Zustand ihre „Apotheose“ bedeuten könnte, verfremdet er diese Photos und schafft so gleichzeitig Distanz. Diese Distanz wird in den rezenten Werken verstärkt, indem er Textpassagen, deren Inhalte nicht mit dem Bildinhalt kongruent sind, integriert. Er selbst spricht von „verweben“. Da es sich bei den Texten um Zitate des französischen Philosophen Alain Badiou aus dessen „Second manifeste pour la philosophie“ (2009) handelt, verweisen sie auf die Unmöglichkeit der klaren Aussage eines bildlichen Sujets über die dahinterliegende Realität. Die Wahrheit ist nicht fassbar, wenn der Standpunkt nicht definierbar erscheint. Im Spiegel der Kunst scheint die allgemeine Unsicherheit unserer Zeit sich in der changierenden Linse linksgerichteter Philosophie unfokussierbar zu manifestieren. Sobald sich die Philosophie radikal von ihren klassischen Zielsetzungen in der Suche nach der allgemeingültigen Wahrheit abwendet und Wahrheit unter diesen Bedingungen nur noch ein Effekt differenzieller Spannungen ist, wird sie mit den schönen Worten Rilkes: „eines Augenblickes Zeichnung“. Mit dem Hintergrund der Überlegungen Badious und seiner „Passion des Realen“ gewinnt die Arbeit an Ákos Birkás (selbst-)reflexendierenden, realistischen Bildern eine weitere Bedeutung in der Konzentration auf das Wesentliche, abseits der Abstraktion. Nicht der reine Tisch, die Tabula rasa, wird zur Bedingung zur vollständigen Umsetzung einer Idee in der absoluten, selbstreferenziellen Kunst, sondern die Entwicklung des Realen. Nicht nur in der Philosophie, sondern auch in der Kunst steht im Zentrum der Mensch. Dieser Mensch ist in die oft tragische Realität eingebettet und Entwicklungen unterworfen: Zentrale Entwicklungen unsrer Zeit, die der subtil fühlende Künstler aufspürt, wahrnimmt und wiedergibt.

Gilbert Zinsler







BLACK T.
Seit Kasimir Malewitsch 1915 in St. Petersburg zum ersten Mal sein Schwarzes Quadrat auf weißem Grund zeigte, fasziniert die Farbe Schwarz in gleicher Weise Künstler und Kunstwissenschaftler. Schwarz ist heute im kulturellen Kontext der Kunstschaffenden allgegenwärtig. Heute muss man nicht mehr Trauernder oder Priester sein, um Schwarz in der Mode zu tragen. Schwarz als Zeichen der Auslöschung und Aufhebung, das dem Licht erfüllten Raum gegen gesetzt zu sein scheint, ist einer zunehmend heller werdenden Welt gegenübergestellt. Da Malerei durch Licht definiert wird, ist der Umgang mit dem Antipoden, dem Schwarz, wo kein Licht ist, oder von dem kein Licht ausgeht, besonders herausfordernd. Die Ausstellung „BLACK T.“ nähert sich der Farbe Schwarz über die scheinbare Beschmutzung eines T-förmigen Malhemds von Hermann Nitsch und der sehr präzise und daher kaum aktionistischen Verteilung schwarzer Farbe auf der bildbestimmenden Leinwand. Jiri Georg Dokoupil schwärzt Papier mittels Russ als Medium. Dem gegenüber gestellt ist die inverse Position von Otto Zitko, der die rußige Glasplatte gezielt abkrazt, um so den hellen Untergrund wieder zum Vorschein zu bringen. Leo Zogmayer fokusiert in einer älteren Arbeit auf einen schwarzen Punkt als Zentrum einer schwarzen Scheibe und lenkt so die Aufmerksamkeit auf die Grundfrage. Was ist „schwarz“? Diese auszuloten obliegt dem Betrachter, auch besonders im vielschichtigen Aufbau des Farbauftrages beim österreichisch-türkischen Künstler Ahmet Oran, dessen schwarzes Bild nur oberflächlich als monochrome Farbschicht gesehen wird. In den ephemeren Objekten von Walter Weer wird der Raum zum Teil seiner Arbeit, der eigentlich leer ist: der Zwischenraum. Die weiße Wand als Hintergrund wird bestimmender Träger der schwarzen, skulpturalen Kunstwerke. Ähnlich fragil erscheint Peter Sandbichlers „Tensegrity“ - System von komplex miteinander verbundenen schwarzen Notenständern, dem allerdings eine erstaunliche Festigkeit zugrunde liegt. Jakob Gasteiger wiederum schließt den Kreis zum schwarzen Quadrat mit seinem monochrom schwarzen Bild, in dem die Malerei sich selbst reflektiert. Es geht wie bei Malewitsch ́s geometrisch abstrakten Bildern um das Spiel und die Wirkung von Licht und Farbe, die durch die Rillen bei Gasteiger fast vollständig von anderen Elementen isoliert zu sehen sind und zur Geltung gebracht werden.